AVWS


Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung - die vielleicht komplizierteste Hörstörung von allen. Warum? Kurz gesagt, man kann hören, ohne zu verstehen - Hä? Wie? eine kurze Erklärung reicht eben in der Regel nicht aus. Also hier die lange Version:

 

Eine AVWS schließt eine periphere Hörstörung nicht aus, jedoch tritt sie auch bei klinisch guthörenden Menschen auf, von denen im Folgenden ausgegangen wird. Das Hörorgan ist intakt und das Hören funktioniert unter bestimmten Begingungen nahezu einwandfrei. Aber diese Bedingungen machen es aus, was AVWS dann zur Hör- und nicht zur Konzentrationsstörung macht. Jeder kennt erschwerte Situationen in vollen Restaurants mit viel Stimmengewirr. Als Normalhörender fällt einem hier das Verstehen schon schwer. Menschen mit AVWS können Stör- und Nutzschall nicht filtern und sich somit nicht auf eine Stimme fokussieren. Es ist geradezu unmöglich einem Gespräch im Störlärm zu folgen. Zusätzlich braucht Gehörtes länger, im Hirn verarbeitet zu werden, weshalb Zuhören schon unter guten Bedingungen anstrengend und schwierig ist. Man hört also, dass gesprochen wird, versteht es aber oft trotzdem nicht oder erst mit etwas Verzögerung ("Was? Achso").

Ein weiteres Symptom der AVWS ist das fehlende Richtungshören. Ein Mensch mit zwei funktionierenden Ohren kann Schallquellen orten, was ein Mensch mit AVWS widerum nicht oder nicht gut kann, vor allem nicht bei Widerhall.

Viele Menschen mit AVWS haben auch eine einhergehende LRS (Lese-Rechtschreib-Schwäche), was auf die mangelhafte Sprachverarbeitung im Hirn zurückzuführen ist. Gelesenes braucht viel länger, um dekodiert /entschlüsselt zu werden, sodass die Bedeutung des Gelesenen verstanden werden kann.

 

Für alles gibt es bis zu einem gewissen Grad Kompensationsmöglichkeiten bzw. Strategien. Eine für viele gut funktionierende Strategie sind - guess what - Gebärden. Visuelle Unterstützung der Sprache stellt zusätzliche Synapsenverknüpfungen her und kann vom Hirn somit besser verstanden werden. Gebärden zeigen oft die Bedeutung besser als Worte, was das Sinnentnehmen erleichtert. Wenn das Hören nicht mehr gut genug funktioniert, können die Gebärden und das Mundbild die Konversation retten.
Um das fehlende Richtungshören zu kompensieren, kann man üben, die Lautstärke eines Schalls zu prüfen, indem man sich im Raum fortbegibt. Bewegt man sich auf die Schallquelle zu, wird sie lauter, entfernt man sich, wird sie leiser. So können mit etwas Training zumindest ungefähre Standorte ausfindig gemacht werden.